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Warum eine Corona-Testpflicht in Unternehmen wichtig und sinnvoll ist


Verschiedene Wirtschaftsverbände wehren sich gegen die gerade beschlossene Corona-Testpflicht in Unternehmen. Eine solche blockierende Haltung ist jedoch sowohl aus ökonomischen als auch sozialen Gründen falsch.


Sind wir ehrlich: Dass Wirtschaftsverbände eine Testpflicht für die Mitarbeitenden ihrer Mitgliedsunternehmen nicht enthusiastisch unterstützen würden, war nicht wirklich zu erwarten. Aber sind wir ebenso ehrlich: Um Enthusiasmus geht es in diesem Fall ja auch nicht. Stattdessen sind möglichst flächendeckende Corona-Tests unter Mitarbeitenden, die nicht im Homeoffice arbeiten, eine wirksame Maßnahme, um die weitere Verbreitung der Pandemie einzudämmen.

 

Ist die Testpflicht also wirklich so unzumutbar, wie es einzelne Wirtschaftsvertreter propagieren? Es gibt eine ganze Reihe von Gegenargumenten. So müssen Schüler schon ab der Grundschule zweimal wöchentlich einen negativen Test nachweisen, um am Unterricht teilnehmen zu können. Erste Studien weisen darauf hin, dass die Ansteckungsgefahr in Unternehmen wesentlich höher sein dürfte als in Schulen. Was Schülern zugemutet werden kann, darf wohl auch von Mitarbeitenden erwartet werden. Zudem existieren einzelne Branchen, die durch die bislang beschlossenen Maßnahmen überproportional stark betroffen waren. So haben Kontaktbeschränkungen und Lockdown die Geschäftstätigkeit von Unternehmen im Einzelhandel, der Tourismusbranche oder dem Hotel- und Gaststättengewerbe trotz der Ausarbeitung von zum Teil sehr elaborierten Hygienekonzepten weitgehend zum Erliegen gebracht mit dramatischen wirtschaftlichen Folgen. Wenn aber von diesen Unternehmen erwartet werden kann, ihre Geschäftstätigkeit zur Bekämpfung der Pandemie über Wochen oder gar Monate auszusetzen, dann erscheint eine Testung von Mitarbeitenden in bislang deutlich weniger betroffenen Branchen durchaus verhältnismäßig.

 

Auf Seiten der Gegner einer Testpflicht steht der mit einer Testung einhergehende organisatorische Aufwand noch nicht einmal im Vordergrund der Argumentation. Dieser wurde angesichts einer fehlenden Dokumentationspflicht, welche Mitarbeitenden vom Testangebot tatsächlich Gebrauch machen, ohnehin so gering wie möglich gehalten. Ein zentrales Argument hingegen sind die mit der Durchführung der Tests einhergehenden finanziellen Belastungen. Schätzungen gehen davon aus, dass die verpflichtenden Tests mit Kosten von monatlich rund 7 Mrd. Euro einhergehen könnten. Zweifellos handelt es sich dabei isoliert betrachtet um eine beachtliche Summe. Setzt man diese jedoch ins Verhältnis zu den kumulierten Umsatzerlösen der Unternehmen und geht man davon aus, dass es sich bei der Testpflicht nur um eine vorübergehende Maßnahme handelt, so relativiert sich das Argument.

 

Der Präsident des BDI, Siegried Russwurm, vertrat in einem Interview bei ntv die These, dass es sich bei der Testpflicht in Unternehmen um die Verlagerung einer staatlichen Aufgabe in die Unternehmen handle. Wenngleich eine solche Aussage für den Vertreter der Industrie vielleicht nicht wirklich zu überraschen scheint, muss sie bei näherer Betrachtung doch zurückgewiesen werden – und dies aus mehreren Gründen. Erstens haben Unternehmen aus Gründen des Arbeitsschutzes eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren Beschäftigten. So steht in § 3 (1) des Arbeitsschutzgesetzes „Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. [...] Dabei hat er eine Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten anzustreben.“ Ob der Arbeitsschutz aus juristischer Sicht notwendigerweise auch eine Testung auf Corona umfasst, vermag ich nicht zu beurteilen, ein sachlogischer Zusammenhang erscheint mir jedoch durchaus gegeben, zumal die Arbeitsschutzmaßnahmen vieler Betriebe, insbesondere industrieller Unternehmen, vielschichtig und umfangreich sind.

 

Zweitens sollten die Unternehmen auch aus finanziellen Überlegungen heraus ein Interesse an einer möglichst flächendeckenden Testung ihrer Mitarbeitenden haben, weil die Corona-bedingten Kosten des Ausfalls einer größeren Anzahl von Mitarbeitenden (z.B. Quarantäne, Erkrankung) wesentlich über denen der Testung liegen dürften. Dies dürfte für alle Unternehmen gelten unabhängig von ihrer Größe.

 

Mein drittes Argument ist ein gesellschaftliches und dreht gewissermaßen die Position von Herrn Russwurm um. Infizieren sich Mitarbeitende tatsächlich an ihrem Arbeitsplatz und erkranken in der Folge, so wird ein Großteil der daraus entstehenden Kosten sozialisiert. Während für Unternehmen lediglich die Kosten des Arbeitsausfalls relevant sind, tragen die Krankenkassen und damit letztlich die Allgemeinheit die Kosten einer Behandlung und Rehabilitation der Patienten. Berichte über monatelange intensivmedizinische Behandlungen von Covid-Patienten legen nahe, dass diese Kosten um ein Vielfaches höher sind.

 

Aus den genannten Gründen halte ich die blockierende Haltung der Wirtschaftsverbände gegenüber der Testpflicht für falsch. Anstatt zu bremsen sollten Unternehmen einen proaktiven Beitrag zur Eindämmung der Pandemie leisten. Einerseits bewirkt eine effektive Bekämpfung von Covid eine rasche gesamtwirtschaftliche Erholung, was wiederum positive Auswirkungen auf Wachstum und Beschäftigung in allen Branchen haben dürfte. Andererseits kämen Unternehmen ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nach mit positiven Effekten für die Unternehmensreputation.

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